Sanierungspflicht - Zeitrahmen der neuen EU-Richtlinie

Dienstag, 04. April 2023

 

Nach dem EU-Parlamentsentwurf zur neuen EU-Gebäuderichtlinie verbreiten viele Medien Unruhe und erwecken den Eindruck, als stünde das Gesetz schon in den Startschuhen. Im Prozess des Gesetzgebungsverfahrens befinden wir uns aber aktuell noch ganz am Anfang. Eine Perspektive.

 

 

EU-Gebäuderichtlinie - die aktuelle Phase der Gesetzgebung 2023

 

Nachdem die EU-Komission Ihren Gesetzesvorschlag an das EU-Parlament weitergereicht hat und er von diesem in der ersten Lesung gebilligt wurde, liegt der Ball nun beim europäischen Rat, der Vertretung der Mitgliedsländer. Diese können den Standpunkt des Parlaments billigen oder das Parlament zu Änderungen auffordern. Hierfür gibt es keine zeitliche Frist.

 

 

Verabschiedung der EU-Gebäuderichtlinie vor Sommer 2024 unwahrscheinlich

 

Ein einfaches Durchwinken der Gesetzesinitiative erscheint uns aber eher als unwahrscheinlich. Zum Vergleich - bei der Gebäuderichtlinie von 2010 lagen fast ein Jahr zwischen Stellungnahme des Parlaments und der Festlegung des Rats.

Nachdem der Rat seinen Standpunkt festgelegt hat und das Verfahren wieder in das EU-Parlament zur 2. Lesung geht (wovon wir stark ausgehen) haben beide Organe jeweils nochmal eine Frist von 3 Monaten, um eine Einigung zu erzielen, bevor eventuell ein Schlichtungsverfahren einberufen werden muss.

Aufgrund der Tragweite der Verordnung erwarten wir die Unterzeichnung der finalen Version von Rat und Parlament nicht vor dem Sommer 2024. Das wird die nationalen Organe vor große Herausforderungen stellen, sollen die ersten Sanierungsziele bereits 2025 realisiert sein.

 

Sanierungspflicht in Schritten - Wohngebäude bis 2030 maximal Klasse E

 

Der Vorschlag des EU-Parlaments sieht vor, die Anforderungen an den Altgebäudebestand schrittweise zu erhöhen:

  • Sanierungspflicht für Wohngebäude
    • bis 2030 mindestens Klasse E
    • bis 2033 mindestens Klasse D
  • Sanierungspflicht für Nichtwohngebäude
    • bis 2027 mindestens Klasse E
    • bis 2030 mindestens Klasse D

 

 

Konkrete Maßnahmen für Gebäude, die diese Standards nicht erreichen, sind im Parlamentsvorschlag nicht erwähnt. Inwiefern aus diesen Vorgaben ein "Sanierungszwang" entsteht, wird abhängen von der Umsetzung im nationalen Recht.

 

Wann gilt die EU-Gebäuderichtlinie in Deutschland? - Ein Rückblick auf das Gebäudeenergiegesetz

 

Die Umsetzung des Rechtsakt auf nationaler Ebene durch die Organe des Bundes und der Länder hat zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht begonnen. Aufgrund vieler schon jetzt eifrig diskutierter Fragen zu Finanzierung und praktischer Realisierbarkeit der geplanten Maßnahmen, ist eine heftige Diskussion zu erwarten, sobald das Gesetzgebungsverfahren auf Ebene der EU abgeschlossen ist.

Die Frist zur Umsetzung liegt idR bei zwei Jahren, könnte erfahrungsgemäß aber länger in Anspruch nehmen. Beispiel: Die Gebäuderichtlinie von 2010 wurde im Juli 2010 von der EU beschlossen, wurde erst November 2013 im Rahmen der EnEV2014 verabschiedet und trat im Mai 2014 in Kraft. Der Prozessdauerte somit mehr als 5 Jahre. Davon ausgehend würde die Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie nicht vor 2028 in Kraft treten. Die im Gesetz kommunizierten Fristen würden sich entsprechend verschieben.