Experteninterview zum Energieausweis mit Raimund Krell

 

Der Energieausweis ist nicht nur Pflicht für Privatpersonen. Auch Gebäude, die unter öffentlicher Verwaltung stehen, müssen sich seit seiner Einführung um Kostensenkung und Energieeffizienz bemühen - nicht selten muss dafür auch alte Bausubstanz renoviert werden. Raimund Krell, Leiter des Hochbauamtes der Stadt Leipzig, hat uns in einem kurzen Gespräch über die ersten Erfahrungen seiner Stadt mit dem neuen Energieausweis berichtet.

Das Interview mit Raimund Krell (Stand 2010)

 

energieausweis-vorschau.de: Seit einem Jahr ist der Energieausweis für öffentliche Gebäude Pflichtsache. Verfügen die städtischen Gebäude inzwischen über einen entsprechenden Ausweis?

 

Krell: Alle kommunalen Gebäude, die laut Gesetz den Ausweis benötigen (Anmerkung: alle Gebäude mit einer Nettogrundfläche > 1000 m², die der öffentlichen Nutzung unterliegen), haben ihn erhalten.

 

EV.de: Für wie viele Gebäude musste ein Energieausweis ausgestellt werden?

 

Krell: Der Ausweis wurde für 299 Gebäude erstellt.

 

EV.de: Wurde eine Auswertung der Energieverbrauchsdaten aus den einzelnen Ausweisen vorgenommen? Wie ist es um die Energieeffizienz der städtischen Gebäude in Leipzig bestellt?

 

Krell: Ja, eine Auswertung wurde auf der Grundlage des Vergleiches mit dem jeweiligen Referenzgebäude vorgenommen. Im Ergebnis waren beim Heizenergieverbrauch 45 % besser, 18 % gleichwertig und 37 % schlechter als die Referenz. Im Elektroenergieverbrauch waren 75 % besser, 12 % gleichwertig und 13 % schlechter als die Referenz.

 

EV.de: In welchen Bereichen besteht Sanierungsbedarf und welche Maßnahmen stehen dabei im Vordergrund?

 

Krell: Sanierungsbedarf besteht vor allem bei unsanierten Bestandsgebäuden im Bereich der Bauhülle. Schwachstellen sind alte und teilweise beschädigte Fenster sowie unzureichend gedämmte Außenwände und Dächer.

 

EV.de: Einzelne Kommunen wie z.B. Hamburg engagieren sich seit Jahren über das gesetzlich verordnete Maß für Energieeffizienz und regenerative Energien, es werden kommunale Förderprogramme aufgelegt und in bestimmten Bereichen der Einsatz erneuerbarer Energien für Heizzwecke vorgeschrieben. Wie wird sich hier Leipzig in der Zukunft positionieren?

 

Krell: Leipzig hat sich bereits positioniert, indem es eine Energieleitlinie beschlossen hat, welche zu ihrem Erscheinen über das gesetzliche Maß hinausging und regenerative Energien ausdrücklich privilegiert. Weiterhin gibt es einen Beschluss, der Neubau und Sanierung von Gebäuden im Passivhausstandard vorschreibt (Wirtschaftlichkeit vorausgesetzt). Die Stadt Leipzig bewirbt sich um den European Energy Award und nutzt vielfältige Fördermöglichkeiten.

 

EV.de: Halten Sie es für sinnvoll, dass der Energieausweis zukünftig auch schon bei Wohnungsanzeigen in Zeitungen angegeben werden muss?

 

Krell: Nein, die Zahlenangaben im Energieausweis sind für den Bürger bezüglich der energetischen Güte einer Wohnung nicht verständlich. Hier würden Klassifizierungsmerkmale analog der energetischen Effizienzklassen bei Haushaltgeräten besser die gewünschte Information an den Leser herantragen. Zu beachten ist dabei auch, dass viele Anzeigen aus Kostengründen sehr kurz gehalten werden und somit Erläuterungen zur Energiekennzahl nicht möglich sind.

 

EV.de: Der Bußgeldkatalog sieht eine Strafe in Höhe von bis zu 15.000 Euro vor, wenn kein Energieausweis vorliegt. Ist diese ausreichend oder sollte über ein höheres Strafmaß nachgedacht werden?

 

Krell: Das Strafmaß ist aus unserer Sicht ausreichend.

 

EV.de: Wir danken Ihnen für das Gespräch.